Rollenbilder

Frauen auf Wettex:
durch die Jahre aufgetragen,
glattgestrichen
frisch sehen dir ins Gesicht
du nimmst sie,
du lässt Wasser über sie
du greifst sie an,
nass verformt
sich ihre Haut poröser
du benutzt ihr Gesicht
damit deine Küche rein wird,
Cocktailparty.
Frauen als Wettex:
ihre Haut ist rau,
unerkannt,
verkannt,
ihr Duft:
Zitronat.
Wettex:
zusammengedrückt
und feucht
in der Spüle
hinterlassen.
Frauen auf Wettex:
Schwammtuch mit Marke,
durch die Jahre aufgetragen,
glattgestrichen.

Text: Amila Softić

Andrea Mühlbacher
Wettext | 2018/23
Andrea Mühlbacher präsentiert Frauenportraits auf Wettex – ein Bildträger, der ein bestimmtes Rollenbild durch seine Materialität und Haptik reflexhaft spürbar macht und in der Gesellschaft eine ambivalente Bewertung erfährt.
Andrea Mühlbacher (*1984, Graz) absolvierte das Kolleg Fine Art Photography and Multimedia Art an der HTBLVA Graz – Ortweinschule und die Akademie für angewandte Fotografie in Graz.
andreamuehlbacher.art

Lena Trichtel
Unbekannt | 2018

„Weibliche Brustwarzen werden zensiert. Unbedeckte, weibliche Haut wird zensiert. Das weibliche Geschlechtsorgan wird zensiert. Es ist nicht jeder Frau erlaubt, ihre Meinung kundzutun. Es ist nicht jeder Frau erlaubt, zuzuhören. Die einen sollen sich entkleiden, die anderen bekleiden. Haare werden sexualisiert. Ob bedeckt, oder nicht. Körperöffnungen werden sexualisiert. Verbote. Gebote. Was bleibt, ist ein patriarchales System, das sagt, was erlaubt ist und was nicht. Um diesen Geboten und Verboten gerecht zu werden, wird die weibliche Person soweit modifziert, bis sie weltweit präsentierbar ist. Dadurch entsteht ein neues Wesen.“

Die Arbeiten von Lena Trichtel untersuchen Formen des gesellschaftlichen Umgangs mit Fragen zu Geschlecht und Geschlechtsidentität. Mit einfachen aber drastischen Eingriffen in das Frauenbild, skizziert die Künstlerin Tabubereiche und definiert Projektionsflächen für Zensur.

Lena Trichtel (*Graz) beschäftigt sich seit 2008 mit Film und Fotografie. Sie studierte Kommunikations- und Mediendesign, bevor sie das Studium für Information, Medien und  Kommunikation abschloss.

Alena Zhandarova
Pürree, mit einem Geschmack von Dreiecken | 2013-16

„Wir alle sind die Verfasser:innen unserer eigenen, einzigartigen Geschichten. Jeden Tag erschaffen wir im Alltag und in der uns umgebenden Welt unsere eigenen Wunder. Alle unsere Erfahrungen und Sorgen spiegeln sich darin wider, wie die Außenwelt aussieht. Wenn wir etwas äußerlich ändern, können wir die inneren Gleichungen auflösen. Was wäre, wenn wir  offen wären für die unerwarteten Zufälle und versuchen würden, die uns bekannte Welt völlig neu kennenzulernen?“

Alena Zhandarova präsentiert Selbstportraits in absurd anmutenden Settings. Die Darstellungen sind inspiriert von einer synästhetischen Wahrnehmung der Umgebung, die bei Frauen tendenziell häufiger festgestellt werden kann. Dabei werden unterschiedliche Sinnesempfindungen gekoppelt und deren Grenzen erweitert bzw. überschritten.

Alena Zhandarova (*1988) erlangte den MFA in Fotografie am IED Madrid. Die aus Russland stammende Künstlerin ist 2023 artist in residence der Kulturvermittlung Steiermark
alenazhandarova.ru