Paradies

Die Fotografin entwirft einen Paradies-Begriff, der im besten Fall nur Anleihen an mythologischen Sichtweisen nimmt. Er stellt sich weniger als realer Ort, sondern vielmehr als ein geistiger Zustand besonderer Qualität dar. Ein filigraner Moment, der stillzustehen scheint und sich zur Weile ausweitet. Paradies kann eine Vorstellung, ein Wunsch oder ultimatives Ziel einer Vollkommenheit sein, die ähnlich einer Traumsequenz zwar deutlich (nach)empfunden werden kann, sich aber einer letztgültigen Beschreibung entzieht.

Elisa Wüntscher versucht in ihrer Serie nicht diesem Unsagbaren eine bildhafte Entsprechung gegenüber zu stellen, sondern sie wählt einen umgekehrten Weg. Sie nähert sich ihrer Idee vom Paradies indem sie Situationen festhält, die sich in einem unmittelbaren, flüchtigen Augenblick im Zusammenwirken von Zeit und Raum ergeben. Es sind von Ruhe getragene Motive, vielschichtig, nur bedingt ästhetisch, aber vor allem höchstpersönlich eingefärbt.

Nach einer sorgfältigen Auswahl werden „Licht, Strukturen und Materialität“ der ausgewählten Fotografien nach eigenen fotografischen Regeln in eine Erzählung gefasst. Das Ergebnis dieses 2019 in Frankreich begonnenen Zyklus sind Sequenzen eines fotografischen Gedichtes, die wie Fenster Einblicke in eine für die Künstlerin gültige Bildwelt ermöglicht. (Text: Gerhard Gross)